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12. Dezember 2018 | 15:55 Uhr
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Bundeskartellamt kritisiert Mängel bei Vergleichsportalen

Viele Informationen, die Portale aus der Reisebranche anböten, seien seriös. In einigen Punkten habe sich aber der Verdacht auf Verbraucherrechtsverstöße erhärtet, so die Behörde. So könnten sich etwa Hotels bessere Positionen im Ranking erkaufen, dies sei für Verbraucher aber nicht erkennbar. Die betroffenen Portale können nun Stellung beziehen, bevor im nächsten Jahr der Abschlussbericht veröffentlicht wird. 

Das „Konsultationspapier zur Sektoruntersuchung Vergleichsportale“, das vom Kartellamt jetzt vorgestellt wurde, untersucht zahlreiche Internetportale aus den Bereichen Reisen, Energie, Versicherungen, Telekommunikation und Finanzen. Für alle Vergleichsportale im Internet gelte, dass durch den Vergleich verschiedener Angebote und die Weiterleitung zu einer Bestellung die Suchkosten der Verbraucher reduziert und ihre Entscheidungsfindung verbessert werden könne, urteilte die Behörde. Die Kartellwächter untersuchten bei den Vergleichsportalen Faktoren wie die Eigenständigkeit des Vergleichs, die Breite der Marktabdeckung, das Ranking der Angebote, die Hinweise auf Verfügbarkeiten oder den Umgang mit Bewertungen hinsichtlich ihrer Neutralität beziehungsweise ihrer Transparenz.

Verflechtungen und Kooperationen

Beim Problemfeld Verflechtungen und Kooperationen habe sich gezeigt, dass in allen Branchen zwischen den untersuchten Portalen zahlreiche horizontale Kooperationen und Verflechtungen bestehen. Dies führe teilweise dazu, dass vermeintlich eigenständige Portale lediglich auf die Datenbasis und/oder den Tarifrechner eines anderen Portals zurückgriffen. Das sei für den Verbraucher nicht erkennbar, kritisierte das Bundeskartellamt. Beim Problemfeld Marktabdeckung fielen unter anderem Hotel-Vergleichsportale mit geringer Marktabdeckung auf. Da die Verbraucher in der Regel keine Information darüber erhalten, welche Anbieter auf einem Vergleichsportal nicht dargestellt werden, besteht das Risiko einer vorschnellen und damit suboptimalen Entscheidung.

Bezahltes Ranking

Die Darstellung des Vergleichsergebnisses bietet zahlreiche Beeinflussungsmöglichkeiten. Im Reisebereich fielen besonders die Hotel-Vergleichsportale auf. Das Kartellamt kritisierte die eigentliche Reihenfolge der dargestellten Angebote beim Erstranking: „Zum einen kann das Portal die Höhe der von einem Anbieter gezahlten Provision unmittelbar als Ranking-Parameter, im Rahmen eines Partner-Programms oder über einen Ranking-Booster berücksichtigen und dem Angebot dadurch zu einem besseren Listenplatz verhelfen, was insbesondere im Hotelbereich üblich ist.“ Auch einige Metasearcher berücksichtigten die Höhe der gezahlten Vergütungen bei der Darstellung des Vergleichs verschiedener OTA-Angebote für dasselbe Hotel, so das Kartellamt in seinem Bericht. Der Verbraucher werde auf den untersuchten Portalen grundsätzlich nicht darüber aufgeklärt, wie groß der Einfluss der Provisionen auf das Ranking jeweils ist. Zudem könne er diesen Einflussfaktor auch nicht gezielt ausschalten.

Unwahre Knappheitshinweise bei Hotel- und Flugvergleichsportalen

Zum vierten untersuchten Problemfeld der sonstigen Beeinflussungsfaktoren kritisierte die Behörde vor allem die Reisebranche. Die untersuchten Vergleichsportale setzten neben dem Ranking weitere Mittel ein, um den Verbraucher zu einer (vor)schnellen Buchung bzw. Bestellung bestimmter Angebote auf ihrer Seite zu veranlassen. „So sind insbesondere im Reisebereich zahlreiche Hinweise auf die begrenzte Verfügbarkeit oder die besonders große Nachfrage für einzelne Hotels oder steigende Preise bei Flügen typisch“, so das Bundeskartellamt. Bei den Nutzerbewertungen gab die Behörde allerdings Entwarnung. In diesem Problembereich fand sie nur sehr wenige Beanstandungen.

Insgesamt, so das Bundeskartellamt, zeige die Sektoruntersuchung, dass viele der untersuchten Vergleichsportale trotz der unbestrittenen Vorteile für den Verbraucher nicht dem Idealbild einer neutralen Plattform entsprächen und dass zu verschiedenen Punkten Handlungsbedarf bestehe. Die Behörde ordnete einige der festgestellten Verhaltensweisen als Rechtsverstöße ein. Dies betreffe vor allem den Einfluss der Provisionen auf das Ranking, gelt aber auch für unwahre oder täuschungsgeeignete Knappheits- oder Exklusivitätshinweise.

Thomas Horsmann

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