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8. November 2018 | 15:15 Uhr
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Hotelbewertungsportale fallen bei TV-Check durch

Das Wirtschaftsmagazin "Plusminus" kaufte bei einem einschlägigen Anbieter Hotelbewertungen für Google, Tripadvisor und Holidaycheck. Mit einem frappierenden Ergebnis: Alle 13 Fake-Bewertungen fanden sich nachher auf den Portalen wieder. Aber nur Holidaycheck räumte auf Nachfrage ein, dass so etwas  eigentlich nicht passieren dürfte.

Das alte Hase-und-Igel-Spiel um gefälschte Bewertungen und den Kampf der Bewertungsportale gegen ebendiese ist um eine Anekdote reicher. Ein Reporter des Wirtschaftsmagazins "Plusminus“ kaufte unter dem Pseudonym des Hoteliers Henry Keilwitz, der das Hotel Stubenberg im Harz betreibt und bei dem Spiel mitmachte, bei einem der einschlägigen Anbieter solcher zweifelhaften Leistungen jeweils drei bis fünf positive Hotelbewertungen für Tripadvisor, Google und Holidaycheck. Diese kosteten als Paket zusammen 212,83 Euro. Das Ergebnis ist für die Bewertungsplattformen und ihre Glaubwürdigkeit einigermaßen ernüchternd. Alle 13 Fake-Bewertungen kamen durch, und bei Tripdavisor konnte sich der Hotelier mittels fünf neuer exzellenter Bewertungen im Ranking gleich von bisher 3,5 auf vier Sterne verbessern.

"Wenig aussagekräftiges Experiment"

Fast noch blamabler als die Panne selbst geriet die Reaktion der Portale. Auf Anfrage habe sich Google zu der Panne nicht geäußert, heißt es von der "Plusminus"-Redaktion. Und auch Tripadvisor zeigte sich von der Aushebelung der viel gepriesenen mehrstufigen Kontrollmechanismen zur Sicherung korrekter Bewertungen nicht beeindruckt. "Es ist ein wenig aussagekräftiges Experiment, ein paar falsche Bewertungen zu erstellen und uns damit ertappen zu wollen", zitiert "Plusminus" die weltweit operierende Plattform.

Immerhin: Georg Ziegler, bei Holidaycheck für die Inhalte der Bewertungsplattform verantwortlich, stellte sich dem Dialog. Dem Manager, der keine Gelegenheit auslässt, um in der Öffentlichkeit für die Validität und Glaubwürdigkeit der Plattforminhalte zu werben, blieb freilich wenig anderes übrig, als die Panne unumwunden einzuräumen. Die Fake-Bewertungen seien "durchgeschlüpft" und nicht von Mitarbeitern überprüft worden. "Wenn gerade solche unauffällig geschriebenen einzelnen Texte abgegeben werden bei uns auf dem Portal, kann es natürlich sein, dass die technische Prüfung das nicht im ersten Schritt identifiziert", sagt er in dem Beitrag.

Wechselseitiger Wettlauf

Womit wir wieder bei der Sache mit dem Hasen und dem Igel wären. Je nach Ausrichtung arbeiten die Portale mehr oder weniger hart an ihren Kontrollmechanismen. Selbst Verbraucherschützer gestehen etwa Holidaycheck in dieser Hinsicht zu, dass das Portal um Sorgfalt bemüht sei, während manche anderen Anbieter sich allein auf die Aussagekraft der schieren Masse an Bewertungen verlassen. Doch in dem Maße, in dem die Portale ihre Sicherheitschecks verfeinern, rüstet auch die Gegenseite auf – jedenfalls, sofern es sich um gewerbsmäßig agierende Bewertungsdealer handelt.

Schon längst setzen dort nicht mehr einzelne User massenhaft Bewertungen innerhalb einer Branche ab, was der technischen Überprüfung nicht entgehen würde. Und da die „freien Mitarbeiter“ der Fake-Agenturen bundesweit generiert werden, weist auch deren geografische Vereitlung keine Auffälligkeiten mehr auf Dasselbe dürfte für die Verwendung von Begriffen und Formulierungen gelten. Fällt eine bestimmte Diktion einmal durch, gelangt sie bei den zweifelhaften Wohltätern mit Sicherheit auf die schwarze Liste. Da ist der Hinweis von Holidaycheck-Mann Ziegler, dass gekaufte Positiv-Bewertungen den Realitätscheck durch die Kundschaft nicht bestehen und allein dadurch mittelfristig wieder konterkariert würden, wenn das hochgejubelte Hotel den übersteigerten Erwartungen nicht entspreche, nur ein schwacher Trost. 

Der Zweifel bleibt

Ohne die Debatte darum, wie hoch der Anteil gefälschter Bewertungen auf den Plattformen tatsächlich ist, an dieser Stelle erneut befeuern zu wollen – die Empfehlung des Hoteliers Keilwitz an die Portalnutzer erscheint angebracht: Sie sollten schlichtweg "nicht zu sehr auf Bewertungen vertrauen"". Der Betreiber des Hotels Stubenberg hat seinen unberechtigt eingeheimsten Lorbeer natürlich löschen lassen.

Christian Schmicke

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