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17. April 2018 | 16:01 Uhr
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Wie künstliche Intelligenz das Marketing

"Die meisten Ansätze setzen auf die Nutzung bestehender Kundendaten sowie auf die Extrapolation von historischem Kaufverhalten", sagt Markus Franke, der Unternehmen bei der Digitalisierung von Geschäftsmodellen und dem Einsatz künstlicher Intelligenz unterstützt. Dies sei aber nur ein erster Schritt und lasse den Großteil der Potenziale unangetastet, erklärt der Luftfahrtexperte. Um Kundenverhalten nicht nur aus der Historie heraus zu begreifen, sei auch die Auswertung externer Datenquellen sowie die Nutzung lernender Algorithmen, also der sogenannten künstlichen Intelligenz, erforderlich.

"Kunden geben heutzutage freiwillig eine Vielzahl zusätzlicher Informationen über ihre kaufentscheidenden Bedürfnisse und Interessen preis – zum Beispiel über die sozialen Medien", sagt Franke. Diese müssten Unternehmen für die bessere Vermarktung ihrer Produkte nutzen. Von grundsätzlichen Vorlieben bis zu kurzfristigen, kontextbasierten Informationen gebe es eine Fülle von Daten, die etwa Fluggesellschaften und Reiseunternehmen zur exakteren Profilierung ihrer Kunden nutzen könnten, erklärte der Gründer des Strategieberatungsunternehmens Valculus bei einem Impulsvortrag im Rahmen des Networking-Abends des Travel Industry Clubs.

Keine "Schrotschuss-Angebote"

Die Algorithmen der klassischen Empfehlungs-Tools stießen derzeit an ihre Grenzen und seien für komplexere Produkte auch nie wirklich erfolgreich gewesen, warnt Franke. Kunden reagierten auf unzutreffende Empfehlungen und "Schrotschuss"-Angebote zunehmend allergisch. Wenn ein Anbieter seine Glaubwürdigkeit durch Angebote, die aus der Kundenperspektive unsinnig seien, erst einmal beschädigt habe, werde er sich umso schwerer tun, die Kunden zukünftig von seinen Produkten zu überzeugen. Das sei beispielsweise der Fall, wenn Besucher großer Hotelbuchungsportale anschließend wochenlang mit Angeboten in denjenigen Zielen bombardiert würden, nach denen sie gerade gesucht hätten.

Mit Hilfe "vorhersagender" Modelle und lernender Algorithmen, die auf präzisen Kundenprofilen aufsetzten, sei eine deutlich treffsicherere Ansprache möglich, ist der Strategieberater überzeugt. Damit werde letztlich nicht nur Mehrerlös erzeugt, sondern auch die Kundenzufriedenheit und Loyalität erhöht.

Eingeschränkt werde die schöne neue Welt der lernenden Algorithmen freilich durch Anliegen und Vorgaben des Datenschutzes, räumt Franke ein. Doch das sei letztlich ein lösbares Problem: "Wenn die Kunden erkennen, dass ihnen eine genauere Kenntnis ihrer Vorlieben und Bedürfnisse durch die Anbieter nützt, sind sie auch bereit etwas von sich preiszugeben." Fälle wie der des millionenfachen Missbrauchs von Facebook-Daten durch Cambridge Analytics seien zwar geeignet, Misstrauen zu schüren. Eine konsequent auf den Kunden ausgerichtete und ihm verständlich gemachte Strategie werde sich mittelfristig dennoch durchsetzen.

Christian Schmicke

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