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15. Januar 2021 | 07:00 Uhr
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Debatte um Impfprivilegien nimmt Fahrt auf

Freies Reisen für Menschen, die nachweislich gegen Corona geimpft sind, hat der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis gefordert. Die deutschen Branchenverbände BTW und DRV halten dagegen nichts davon, Reisen zum Privileg von Geimpften zu machen.

Corona Impfung

Wer nachweislich gegen Corona geimpft ist, soll wieder frei reisen können – und zwar europaweit. Ein europäisches Impf-Zertifikat soll das ermöglichen, meint der griechische Ministerpräsident, der auf diese Weise die schwer gebeutelte Tourismusindustrie seines Landes wieder in Schwung bringen will.

Der Vorschlag aus Griechenland findet im Europaparlament durchaus Unterstützer. So deutete etwa der Fraktionschef der Christdemokraten im Europaparlament, Manfred Weber, Unterstützung für entsprechende Pläne an. "Wir begrenzen heute die Rechte unserer Bürgerinnen und Bürger sehr intensiv. Und es ist doch klar: Wer sich impfen lässt, und damit sich selbst und andere schützt, dessen Rechte kann man dann einfach nicht länger einschränken" zitiert ihn die "Tagesschau“. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass alle die Möglichkeit zu einer Impfung haben müssten. Dann müsse eine einheitliche Regelung für die gesamte Europäische Union her, um eine Fragmentierung der Reisefreiheit zu verhindern.

Frenzel befürchtet "Reiseverbot für Nicht-Geimpfte"

Den Präsidenten des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), Michael Frenzel, treibt dagegen die Sorge vor einem „Reiseverbot für Nicht-Geimpfte“ um. "Das Reisen generell zu einem Privileg für Geimpfte zu machen, halten wir für den falschen politischen Weg – insbesondere solange Impfungen nicht für alle verfügbar sind", sagte Frenzel den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Denn im schlimmsten Fall würde ein Freifahrtschein per Gesundheitspass für Geimpfte ein Reiseverbot für Nicht-Geimpfte nach sich ziehen."

Auch der DRV erklärt die Debatte um Privilegien für bereits geimpfte Menschen "zum jetzigen Zeitpunkt" für "sehr theoretisch". Zum einen werde es noch eine Weile dauern, bis alle Menschen, die geimpft werden möchten, auch geimpft werden könnten. Zum anderen sei bislang nicht geklärt, ob geimpfte Personen nicht eventuell andere Menschen anstecken können, so Verbandspräsident Norbert Fiebig. Grundsätzlich sei die Impfung eine "gute Nachricht und ein positives Zeichen auf dem Weg zu mehr Normalität".

Verbände beharren auf Schnellteststrategie

Beide Verbandschefs befürchten offenbar, dass Impfungen als Grundlage für Reisefreiheit zu lange dauern würden, um eine schnelle Wiederbelebung des Reiseverkehrs zu ermöglichen. Zudem zweifeln sie offenbar an der Impfbereitschaft der Bevölkerung. Deshalb setzen sie lieber auf Teststrategien. Politische Lösungen zum Reisen müssten auch "die Bürger mit einbeziehen, die sich (noch) nicht impfen lassen können oder möchten", fordert Frenzel. Dafür wären Schnellteststrategien für Reisende ohne die derzeitige Quarantänepflicht ein erster wichtiger Schritt. Impfungen könnten den Prozess unterstützen, meint der BTW-Präsident: "Die Impfungen bringen zusätzliche Sicherheit und sind deshalb ein unerlässlicher Baustein".

Am Ende könnte sich herausstellen, dass die Vorstellungen der Akteure gar nicht so weit auseinanderliegen. Denn beiden Seiten geht es um eine schnelle Wiederbelebung des Reiseverkehrs. Abhängen wird dies vor allem davon, wie schnell die Impfungen innerhalb Europasvoranschreiten, wie hoch die Impfbereitschaft in der Bevölkerung tatsächlich ist und wie lange der Schutz durch Impfungen anhält. Außerdem wäre die Beantwortung der Frage wichtig, ob geimpfte Menschen weiterhin Überträger von Infektionen sein können.

Sollte sich tatsächlich bis zum Sommer eine Art Herdenimmunität einstellen, die Mediziner derzeit bei einem Anteil von rund 70 Prozent Geimpfter an der Gesamtbevölkerung ansetzen, dann sollte freies Reisen zumindest innerhalb Europas auch unabhängig von der Frage, ob einzelne Personen geimpft sind oder nicht, wieder möglich sein.

Christian Schmicke

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