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4. August 2017 | 16:03 Uhr
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Gekaufte Bewertungen für Holidaycheck und

Das Angebot ist ebenso eindeutig wie unmoralisch: Das Unternehmen Five Star Marketing mit Sitz im nordrhein-westfälischen Löhne bietet positive Bewertungen zum Kauf an. Für Portale wie Holidaycheck, Tripadvisor, Amazon, Ebay, Google, Trustpilot oder Jameda können Kunden Pakete erwerben, die eine festgelegte Zahl positiver Bewertungen enthalten. Eine Bewertung auf Holidaycheck kostet 19,95 Euro, den Zehner-Pack gibt’s für 189,85 Euro. Für Tripadvisor sind die Pakete etwas günstiger: Mit 119,95 Euro für ein Dutzend Bewertungen ist man dabei.

Mit "Geld-zurück-Garantie". Bei seinen Versprechungen trägt der "Partner für qualitatives Review- und Rating-Management", der laut Unternehmensregister im April dieses Jahres gegründet wurde und über ein Stammkapital von 800 Euro verfügt, dick auf. "Wir garantieren Ihnen, dass wir aus unserem großen Pool die Produkttester finden, die Ihr Produkt bzw. Ihre Dienstleistung zu schätzen wissen und entsprechend bewerten. Sollten Sie mit unserem Service nicht zufrieden sein, bieten wir Ihnen eine 30 Tage Geld zurück Garantie an", versichert der Bewertungsverkäufer auf seiner Website Fivestar-Marketing.net.

"Völlig legal." Die Praxis, Bewertungen für Holidaycheck, Tripadvisor & Co. zu kaufen oder zu verkaufen, sei juristisch einwandfrei, erklärt das Unternehmen. Allerdings gelte es "einige Regeln zu beachten". So dürften "die eingesetzten Produkttester/Rezensenten zum Beispiel nicht befangen sein oder bestochen werden". Es sei "daher wichtig, echte und aus freien Stücken abgegebene Bewertungen zu generieren", heißt es unter Verweis auf Paragraph 4 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb. Aber das sei kein Problem: "Durch unsere Reichweite und den großen Pool an Rezensenten können wir genau das garantieren."

Wie eine gekaufte Bewertung, die garantiert positiv ist und für die der Verfasser bezahlt wird, die Qualitätsmerkmale "nicht befangen" und "nicht bestechlich" erfüllen soll, bleibt freilich das Geheimnis der selbsternannten "Bewertungsoptimierer". Dass die angeblichen Produkttester im Falle einer Hotelbewertung tatsächlich vor Ort gewesen waren oder ein bewertetes Produkt tatsächlich getestet haben, zählt jedenfalls nicht zu den Voraussetzungen für eine Bewertung via Five Star Marketing.

"Erstklassige, hochwertige Bewertungen". Five Star Marketing sucht seine "Produkttester" unter anderem über Ebay-Kleinanzeigen. "Pro Bewertungen erhalten Sie als Tester zwischen 3-5 Euro, oder ein kostenloses Produkt", heißt es da, und: "Zu den Bewertungen müssen Rezensionen verfasst werden. Gute Deutschkenntnisse und eine weitestgehend fehlerfreie Rechtschreibung sind daher unerlässlich."

Das Risiko, aufgrund auffälliger Bewertungen von den Bewertungsportalen aussortiert zu werden, liegt bei den sogenannten Testern selbst. Denn: "Die Bewertungen müssen mit deinem echten und aktiven Account auf der jeweiligen Plattform (z.B. Amazon oder eBay) abgegeben werden. Es ist nicht zulässig, für Bewertungen Fake-Profile zu erstellen." Dafür zahle das Unternehmen immerhin "sehr gute Honorare, die deutlich über dem Durchschnitt der Branche liegen".

Überlebensfrage. Wenn das Five Star seine vollmundigen Versprechungen tatsächlich einhalten könnte, hätte diese Tatsache das Zeug, Portalen wie Holidaycheck oder Tripadvisor und den Inhalten ihrer Bewertungen jegliche Glaubwürdigkeit zu nehmen. Schließlich stehen sie schon lange im Verdacht, gekaufte oder "gefakete" Bewertungen zu veröffentlichen – wenn auch nicht absichtlich. In manchen Fällen sind Versuche von Hoteliers, sich ihren positiven Leumund selbst zu verschaffen, durchaus belegt. Das Five-Star-Modell liefert sozusagen die offizielle Einladung dazu und macht daraus ein Geschäftsmodell.

Sicherheitslücken. Dementsprechend heikel ist die Angelegenheit für die betroffenen Bewertungsportale wie Holidaycheck und Tripadvisor. Denn sie müssen glaubwürdig vermitteln, dass ihre Sicherheitsmechanismen solchen Praktiken Einhalt gebieten. Und das ist schwierig, weil ihre Filter lediglich anhand von Plausibilitätskriterien und beispielsweise sprachlichen Mustern arbeiten, um schwarze Schafe und gefälschte Bewertungen auszusortieren. Einen echten Nachweis, dass er das bewertete Produkt tatsächlich kennt oder genutzt hat, muss hingegen niemand erbringen.

Gegenmaßnahmen. Tripadvisor erklärt auf Anfrage: "Diese Optimierungspraktiken stellen einen eindeutigen Verstoß gegen die Tripadvisor-Richtlinien dar, sind unethisch und häufig auch gesetzeswidrig." Tripadvisor setze "bewährte Methoden ein, um Optimierungsunternehmen zu fassen". Um Umsatz zu generieren, müssten sich die Bewertungsverkäufer selbst bei Hotels vermarkten. Dabei hinterließen sie "Spuren, die wir aufspüren und sie so erwischen können". Ein eigenes Untersuchungsteam suche zudem proaktiv nach solchen Firmen und biete ihnen seine Dienste an, um sie so zu fassen. Allein in den letzten beiden Jahren sei Tripadvisor gegen 59 Unternehmen weltweit vorgegangen, um das Geschäft mit Bewertungen zu stoppen: "Wir untersuchen jedes Optimierungsunternehmen, auf das wir stoßen - auch Five Star Marketing."

Zugleich versucht die Plattform, gefälschte und gekaufte Bewertungen als Randphänomen darzustellen. Versuche von Betrieben, mit dieser Art von Unternehmen zusammenzuarbeiten, seien selten, heißt es. Die überwiegende Mehrheit sei sich "des Risikos eines Reputationsverlustes und des Schadens für ihren eigenen Betrieb wohl bewusst, wenn sie versuchen würden, Tripadvisor-Nutzer in die Irre zu führen". Schade nur, dass dieser Satz ausgerechnet auf die schwärzesten Schafe, also beispielsweise die schlechtesten Hotels und lausigsten Restaurants, sicher nicht zutrifft.

Christian Schmicke