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1. Juli 2025 | 19:45 Uhr
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Was der Last-Minute-Trend für die Reisebranche bedeutet

Die großen Veranstalter lassen gerade ein wahres Feuerwerk an Last-Minute-Angeboten los. Dabei hatte die Branche dem Last-Minute-Hype in den vergangenen Jahren doch abgeschworen. Was ist da los? Der Versuch einer Analyse.

Last Minute Symbol

Der Last-Minute-Trend im laufenden Sommer ist auffällig

Allein in den vergangenen Tagen lancierten namentlich TUI und Dertour Pressemeldungen, die sich mit freien Kapazitäten im Kurzfrist-Bereich beschäftigen. In den Schaufenstern TUI-eigener Reisebüros prangen Plakate mit den Lettern "Last Minute Sale" und in Werbespots wird mit Preisnachlässen von bis zu 50 Prozent geworben.

Auch von Dertour heißt es, trotz früher Buchungswelle gebe es für den Sommer 2025 "noch Chancen auf gute Urlaubsangebote". Dertour und TUI melden freie Kapazitäten, vor allem in Ägypten, der Türkei, Thailand, Bulgarien und Tunesien. Auch auf Mallorca, Kos und Ibiza seien "vereinzelt" Plätze verfügbar. Wer flexibel bei Reiseziel, Abflughafen oder Zeitraum sei, könne kurzfristig noch passende Angebote finden – auch in den Ferienzeiten.

"Von Luxus bis Budget alles drin"

Sven Schikarsky, Produktchef bei Dertour und nun auch Mitglied der Geschäftsführung, betont die breite Angebotspalette – auch kurzfristig: "Von der Luxusreise bis zum Budget-Trip ist alles dabei." Schon kleine Änderungen beim Abflughafen oder Reisedatum könnten zu erheblichen Preisvorteilen führen, fügt er hinzu. "Viele beliebte Hotels und Termine sind längst ausgebucht", sagt TUI-Produktchef Steffen Boehnke. Wer jedoch flexibel plane, finde noch gute Angebote.

Mit Blick auf die vergangenen Jahre ist diese Entwicklung bemerkenswert. Schließlich ließen die Veranstalter nichts unversucht, um Kunden zu frühen Buchungen zu bewegen – von Frühbuchervorteilen über die kostenlose Unterbringung der Kids bis hin zu den freieren Wahlmöglichkeiten bei Hotels und Zimmerkategorien. Nicht zuletzt im Sinne einer krisenfesteren Planung.

"Delle" nach dem Februar

Das funktionierte auch nach übereinstimmender Einschätzung zahlreicher Branchenexperten, mit denen Reise vor9 gesprochen hat, im laufenden Geschäftsjahr zunächst exzellent. Im Januar und Februar liefen die Geschäfte für den Sommer top. Dann folgte im März und April mit dem Auslaufen der Frühbucherrabatte das, was die meisten Vertreter der großen Veranstalter als mehr oder weniger kleine Delle bezeichnen: der bis dahin anhaltende Trend setzte sich nicht fort.

Seit Mai liefen die Buchungen wieder besser, heißt es übereinstimmend – nicht zuletzt aufgrund der Preiskampagnen online wie auch offline. Rund zwei Drittel der Kapazitäten für den Sommer seien verkauft, heißt es aus Veranstalterkreisen. Angesichts schwacher Wirtschaftszahlen und anhaltender geopolitischer Unsicherheiten bleibt also noch einiges zu tun.

Risiken und FTI-Potenziale

Für die großen Anbieter stellen sich in diesem Zusammenhang mindestens zwei erhebliche Fragen. Die Erste: wie hoch sind die sogenannten Risikokontingente, die vorab fest vereinbart wurden und die jetzt noch verkauft werden müssen? Und zweitens: wie stark können die einzelnen Anbieter im Jahr nach der Pleite des drittgrößten Veranstalters FTI von dessen Kundenpotenzial profitieren?

Noch sind die Antworten auf beide Fragen nicht ganz klar. So erscheint es weder ausgeschlossen noch ausgemacht, dass die beiden größten Anbieter mit ihren fixen Kontingenten etwas zu optimistisch kalkuliert haben könnten. TUI-Chef Sebastian Ebel hatte zuletzt stets versichert, dass der Konzern mit Risikokapazitäten vorsichtig plane und das Wachstum dem dynamisch paketierten Geschäft überlassen wolle. Es gehe um eine ausgewogene Gestaltung von Risiken und Chancen.

Zur zweiten Frage war zuletzt zu hören, Anbieter wie Schauinsland, Alltours und Coral Travel hätten zuletzt stärker von den FTI-Potenzialen profitieren können als die Marktführer. Doch wirklich klar sind die Verhältnisse bislang nicht.

Unklare Konsequenzen

Einig sind sich die Anbieter indes darüber, dass sie gerade in einem ziemlich unsicheren und volatilen Umfeld agieren. Die Perspektiven für das nächste Geschäftsjahr erscheinen unsicher – also gilt es, so viel vom Sommergeschäft mitzunehmen wie möglich. Unklar erscheint indes, ob sich die Last-Minute-Aktivitäten in diesem Jahr auf das Verbraucherverhalten im kommenden Jahr auswirken werden. Frühbucher, Last-Minute und dazwischen eine Lücke? Comeback des früheren Last-Minute-Hypes? Oder eine Nachfrage-Flaute, die beide Segmente unter Druck setzt?

Christian Schmicke

Wie betrachten Sie den aktuellen Last-Minute-Trend? Wichtig, notwendig oder kontraproduktiv? Senden Sie gerne eine Mail an christian.schmicke@gloobi.de

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