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1. Dezember 2020 | 13:48 Uhr
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Wo es bei der Überbrückungshilfe III noch hakt

Die Pleite der Reisebürogruppe Bühler zeigt, wie dringend der stationäre Vertrieb auf schnelle Hilfen angewiesen ist. Die vom 1. Januar bis 30 Juni geltende Neuregelung bringt Verbesserungen, aber es bleiben offene Fragen – zum Beispiel die nach der Berechnungsgrundlage.

Überbrückung

Insgesamt zeigt sich die Touristik mit der Überbrückungshilfe III zufrieden

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Für die Reisebürogruppe Bühler, die mit ihren 32 Reisebüros in der Bilanz für das Geschäftsjahr 2017/18 Umsatzerlöse von 9,65 Millionen Euro und einen Jahresüberschuss von 72.000 Euro auswies, kommen die Verbesserungen, die mit der Überbrückungshilfe III wirksam werden, zu spät. Sie musste am 26. November einen Insolvenzantrag stellen.

Die Geschäftsführer der insolventen Gruppe, Peter und Markus Finke, machen für die Pleite auch Webfehler bei den Überbrückungshilfen I und II verantwortlich. Diese seien zwar geeignet, "einen Großteil der Fixkosten wie Mieten, IT und Kommunikationskosten bei kleineren Unternehmen zu decken". Doch für Unternehmen in der Größenordnung von Bühler reichten sie "leider nicht dauerhaft aus". Nun seien die finanziellen Reserven aufgebraucht und die Kreditbelastungen nicht mehr zu stemmen.

Bei einem der Probleme, die zur Bühler-Pleite beigetragen haben dürften, hat die Bundesregierung mittlerweile nachgebessert. So wird die Deckelung der Fixkosten-Hilfe, die bisher bei 50.000 Euro liegt, im neuen Jahr auf 200.000 Euro angehoben. Zudem wird es hilfreich sein, dass auch das Ausbleiben von Einnahmen für Einzelleistungen in die Rechnung einbezogen wird.

Frage der Berechnungsgrundlage offenbar ungeklärt

Eine große Ungewissheit liege allerdings in der Tatsache, dass noch nicht sicher sei, ob für die Berechnung der Überbrückungshilfe III das Jahr 2019 oder das Jahr 2020 zu Grunde gelegt werde, sagte der Geschäftsführer der Lufthansa City Center, Markus Orth, vergangene Woche im Gespräch mit Reise vor9. Würden die Umsätze von 2020 zum Maßstab genommen, käme das für die Reisebranche einer Katastrophe gleich, denn spätestens ab März verkehrten sich die Einnahmen ins Negative. "Berechnungsgrundlage müssen die Umsätze von 2019 sein", fordert der LCC-Chef, zu dessen Verbund auch die Bühler-Büros gehören und der sich mit der Initiative "Ü50" bei Bund und Ländern für die Interessen großer Reisebüros stark macht.

Für die ganz Großen unter den Reisebürounternehmen bleibt zudem das Problem, dass sie ungeachtet der Zahl ihrer Betriebsstätten als ein Unternehmen betrachtet und gefördert werden. „Damit fallen große Mittelständler durchs Raster und das ist wettbewerbsverzerrend“, hatte unter anderem DRV-Präsident Norbert Fiebig kritisiert. Doch das ist nun wohl nicht mehr zu ändern.

Gibt es Ausgleich für unbezahlte Mehrarbeit?

Zudem gibt es offenbar noch Fragen im Detail. So sagte die Vorsitzende des Reisebüroverbandes VUSR, Marija Linhoff, dem Fachblatt "FVW", es sei unklar, wie die Ankündigung der Bundesregierung auch "externe sowie durch eine erhöhte Personalkosten-Pauschale abgebildete interne Ausfallkosten für den Zeitraum März bis Dezember 2020 förderfähig" zu machen, konkret auszulegen sei. So  müsse geklärt werden ob Reisebüros Mehrarbeit erstattet bekämen, wenn sich Reiseveranstalter nicht bereit erklärten, entsprechende Rechnungen der Reisemittler zu begleichen

Weiter verhandeln will der VUSR auch über das Thema Unternehmerlohn, das auf Länderebene zu regeln sei. Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen hätten hier eine Vorreiterrolle eingenommen, die nun flächendeckend übernommen werden sollte. Ähnlich sieht das der Verband des Online-Reisevertriebs, VIR, dessen Chef Michael Buller es im übrigen ausdrücklich begrüßt hatte, dass mit der Überbrückungshilfe III "nun auch Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 500 Millionen Euro Berücksichtigung" fänden Er findet, der Bund solle "den Unternehmerlohn pauschal mit 2.000 Euro monatlich zusätzlich in der Berechnung der Fixkosten zulassen".

ASR fordert andere Ausfallberechnung

Nachbesserungsbedarf sieht auch der Mittelstandsverband ASR. "Nach wie vor fallen mittelständische Unternehmen in der Rechtsform von Personengesellschaften, wie zum Beispiel einer OHG oder GmbH & Co. KG, sofern diese durch die Unternehmer selbst ohne Beschäftigte betrieben werden, durch das Raster, kritisiert Präsident Jochen Szech.

Ein weiterer Kritikpunkt des ASR ist die Berechnung der Provisions- und Margenausfälle für Reisebüros und Veranstalter. Nach Ansicht des Verbandes sind Erstattungen nur für tatsächlich stornierte Buchungen mit Abreisezeitraum im ersten Halbjahr 2021 "kein realistischer Berechnungsansatz". Aufgrund der seit Monaten ständig wechselnden Reise-, Test- und Quarantäneregelungen lägen branchenweit die Buchungen für diesen Abreisezeitraum oft bis zu 80 Prozent und mehr unter dem Vorjahresniveau. "Der Schaden, der der Reisebranche nun sicher auch zwischen Januar und Juni 2021 entstehen wird, ist daher um ein Vielfaches größer als nur das Volumen der abgesagten wenigen tatsächlichen Vorausbuchungen", glaubt Szech.

Christian Schmicke

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