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4. Dezember 2020 | 12:00 Uhr
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Was tun beim Corona-Karriereknick?

Die Krise hat längst die Führungsetagen erreicht. Hotels, Veranstalter, Reisebüros werden geschlossen, Mitarbeiter entlassen. Mancher Betrieb wird sogar panikartig dauerhaft stillgelegt oder verkauft. Personalberater und Coach Albrecht von Bonin hat als Gastautor für Reise vor9 zusammengefasst, was Hotellerie- und Touristikprofis tun können, wenn der Karriereknick droht.

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Wenn Sie im Moment vor Ihrem eigenen Karrierescherbenhaufen stehen oder ihn in Kürze befürchten müssen, möchte ich Ihnen einige Tipps ans Herz legen, wie Sie aus dem Tal der Finsternis herauskommen. Corona bedeutet nicht das Ende aller Karrieren. Betrachten wir also Ihre momentane Situation als eine echte Managementherausforderung an Sie.

Verzweifeln Sie nicht, kämpfen Sie

Grämen Sie sich nicht darüber, wenn Sie eines Tages gefeuert werden. Zu jeder guten Karriere gehört auch ein Knick. Er holt einen manchmal heilsam auf den Boden der Realitäten zurück. Er ist kein Grund für Zorn, Verbitterung, Selbstmitleid, Rechtfertigung. Es bringt auch nichts, sich enttäuscht von Gott und der Welt in den Schmollwinkel zurück zu ziehen. „Wer seine erste Liebe nicht vergessen kann, heiratet auch keine Neue“, sagt ein altes Sprichwort. Also blicken Sie vorwärts! Beginnen Sie sofort, Pläne zu schmieden. Nutzen Sie jetzt die Zeit des Lockdowns für sich persönlich. Verlieren Sie nicht Ihr positives Denken. Lassen Sie sich nicht in einen Schaumteppich des Selbstmitleids fallen. Versuchen Sie auch nicht auf die Mitleidstour bei Freunden, Kollegen oder Verbandskameraden zu landen: „Du musst mir unbedingt...“. Die müssen gar nichts. Sie laufen höchstens Gefahr, gemieden und isoliert zu werden.

Seien Sie wachsam

Ergreifen Sie stets selbst die Initiative. Warten Sie nie auf ein Wunder („Es wird schon nicht so schlimm werden“). Je mehr Sie selbst entscheiden, umso weniger werden Sie fremdbestimmt und abhängig sein. Handeln, heißt jetzt die Devise! Wer sich gerade in Krisenzeiten nicht das Zepter aus der Hand nehmen lässt und selbst die Initiative ergreift, vergrößert seine Chancen. Sie allein tragen schließlich die Verantwortung für Ihre Zukunft.

Halten Sie sich fit

Achten Sie gerade jetzt auf Ihre Gesundheit. Kontrollieren Sie Ihr Gewicht. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Morgengymnastik, das Jogging. Verzichten Sie aufs Rauchen und abends auf das eine oder andere Bier. Hauptsache, Sie fühlen sich fit und könnten Bäume ausreißen. Diese Power werden Sie bei Ihrer beruflichen Neuorientierung mehr brauchen als je zuvor.

Optimieren Sie Ihr Selbstmarketing

Lernen Sie wieder, sich selbst richtig zu verkaufen. Fragen Sie sich, was ist eigentlich mein USP, meine Unique Selling Proposition? Kommunizieren Sie überhaupt noch richtig? Auf den richtigen Kanälen? Oder gehören Sie schon zu den Alten, die immer zu viel schwadronieren und nicht mehr zuhören können? Beherrschen Sie zeitgemäße Bewerbungstechniken? Präsentieren Sie sich selbst richtig? Ein Crashkurs für die eigene Vermarktung könnte vielleicht nicht schaden. Und noch etwas:

Spekulieren Sie nicht auf die Abfindung

Warten Sie nicht auf einen lukrativen „Golden Handshake“. Das könnte gefährliche Konsequenzen für Ihre nachfolgende Karriere haben. Es spricht sich schnell herum, wer pokert.

Denken Sie an Ihre Zukunft

Der Rausschmiss bedeutet nicht das Ende der Welt. Vielleicht eröffnet er Ihnen sogar neue Chancen. Entwickeln Sie einen neuen Karriereplan. Scheuen Sie sich nicht, dafür einen Personalberater oder Coach Ihres Vertrauens um Unterstützung zu bitten. Die Kosten dafür sind Investitionen, die sich rasch amortisieren. Prüfen Sie mit ihm Ihre Möglichkeiten, analysieren Sie Ihre Stärken und entwickeln Sie eine Strategie für Ihre berufliche Neuorientierung. Örtliche Flexibilität (eventuell auch Karriere im Ausland?)? Der Schritt in die Selbständigkeit? Branchenwechsel? Was kommt für Sie in Frage?

Netzwerkeln Sie

Schon mancher hat gedacht, er sei so gut, dass sich die Leute nur so um ihn reißen würden. Welch ein Irrtum! In Corona Zeiten ganz besonders. Tun Sie lieber selbst etwas dafür, dass man auf Sie aufmerksam wird. Stecken Sie jetzt nicht den Kopf in den Sand. Zeigen Sie sich. Optimieren Sie Ihre Profile in XING und LINKEDin. Recherchieren Sie über sich selbst in Google (weil das jeder tut, bei dem Ihr Name als Bewerber fällt). Kooperieren Sie, suchen Sie den Kontakt zu seriösen Headhuntern, Beratern und Profis, die das Ohr am Markt haben. Eine alte Weisheit sagt: „Wer im großen Fluss schwimmen will, braucht die Krokodile zum Freund.“

Ziehen Sie alle Register

Bei intensiver Betrachtung werden Sie feststellen, dass Sie auch in Lockdown Zeiten mehr Joboptionen haben, als Sie geglaubt haben. Vorausgesetzt, Sie recherchieren sorgfältig – im Internet, in Fachzeitschriften und Zeitungen. Hier erfahren Sie alles über interessante Arbeitgeber und aktuelle Vakanzen. Bewerben Sie sich auf vielversprechende Stellenausschreibungen. Starten Sie aber auch gezielte Initiativbewerbungen bei zukunftsorientierten Unternehmen.

Seien Sie flexibel

Jetzt ist der falsche Zeitpunkt für eine „Beton-Strategie“. Zeigen Sie, wenn nötig, Flexibilität und Veränderungsbereitschaft auf allen Ebenen – im Wohnortwechsel, beim Interesse für den Seiteneinstieg in verwandten Branchen, bei Gehaltsverhandlungen, beim Wechsel in eine andere Hotelkategorie etc. Seien Sie erst einmal offen für alle Angebote und prüfen im zweiten Schritt sorgfältig, wo Sie die besten Perspektiven haben. Gestalten Sie Ihren Entscheidungsprozess zügig. Sie sollten zwar nicht den nächstbesten Job annehmen, aber lassen Sie auch nicht zu viel Zeit verstreichen, bis Sie den nächsten Vertrag unterschreiben. Mit jedem neuen Tag nach Ihrem Rausschmiss verschlechtern sich Ihre Chancen. Langzeit-Arbeitslose müssen ihren Abgang immer wieder lang und breit erklären.

Strahlen Sie

Mit ein wenig Glück werden Sie schon bald zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Jetzt haben Sie die Chance, mit Ihrer Fachkompetenz und Persönlichkeit zu brillieren. Also bereiten Sie sich präzise vor. Fragen Sie sich nicht, was Sie wollen, sondern was Ihr künftiger Arbeitgeber sucht. Fokussieren Sie nur darauf die Informationen Ihrer Selbstdarstellung. Kein langweiliges Palaver, kommen Sie kurz und präzise auf den Punkt. Seien Sie dabei authentisch, spielen Sie keine Rolle. Zeigen Sie, dass Sie für die neue Aufgabe „brennen“. Hüten Sie sich davor, schmutzige Wäsche aus dem alten Job zu waschen. Ihr neuer Boss will keinen Manager, der Probleme hat, sondern einen, der welche lösen kann.

Zeigen Sie, was in Ihnen steckt

Endlich! Sie haben den Job. Integrieren Sie sich jetzt rasch und flexibel ins neue Arbeitsumfeld. Alle schauen mit Argusaugen auf Sie. Ihr Chef braucht in kürzester Zeit die Bestätigung durch Ihre Leistung, dass seine Entscheidung für Sie richtig war. Suchen Sie sich also Aufgabenfelder mit kurzfristigen Erfolgschancen, bevor Sie größere Projekte anpacken. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.

Natürlich erhebt dieser 10-Punkte-Katalog keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im individuellen Falle sind noch zahlreiche weitere Spielregeln zu befolgen. Vor allem aber seien Sie sich darüber klar: Nur wer an das Morgen glaubt, aktiviert seine ganze Power. Und die brauchen Sie auf der Suche nach dem nächsten Job in Corona Zeiten ganz besonders.

Also – machen Sie sich auf die Socken!

 

von Bonin Albrecht

Albrecht von Bonin ist seit über 40 Jahren selbständiger Personalberater und Coach. Die Von Bonin + Partner Personalberatung berät Hotellerie, Touristik und deren Zulieferbranchen bei der Suche und Auswahl von Spitzenkräften. Sein Buch „Mitarbeiter suchen, finden, fördern, binden“ (Matthaes Verlag) ist inzwischen zum Standardwerk für innovative Führungskräfte und Unternehmen geworden. www.von-bonin.de

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