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4. Oktober 2021 | 07:00 Uhr
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Welche Perspektive haben Bahn-Erlebnisreisen, Herr Willeke?

Durch die Corona-Pandemie sind auch die Bahn-Erlebnisreisen für fast zwei Jahre zum Erliegen gekommen. Counter vor9 sprach mit Felix Willeke, Geschäftsführer des Bahnreisespezialisten Lernidee Erlebnisreisen, über die Zukunftschancen für das Segment.

Willeke Felix

Felix Willeke ist Geschäftsführer von Lernidee Erlebnisreisen

Herr Willeke, Ihr Veranstalter bietet Bahnreisen auf allen Kontinenten an. Viele Ziele, vor allem auf der Fernstrecke, sind für uns aber derzeit gar nicht bereisbar. Führen Sie aktuell überhaupt Reisen durch?

Felix Willeke: Im bescheidenen Rahmen, ja. Wir veranstalten neben Bahnreisen auch Rad- und Schiffsreisen und haben zum Beispiel gerade den erfolgreichen Re-Start auf der Wolga absolviert. Aber im Bereich der Bahn-Erlebnisse läuft das Geschäft, was die aktuellen Reisen betrifft, natürlich auf kleiner Flamme und beschränkt sich eher auf Ziele im Nahbereich wie die Schweiz, Italien und europäische Ziele generell. Aber wir sind sehr zuversichtlich, dass sich in den nächsten Monaten weitere Destinationen öffnen und dass wir die Durchführung vor allem von Sonderzugreisen wieder ausweiten können.

Wo sehen Sie in dieser Hinsicht in nächster Zeit Perspektiven?

Wir sind im Hinblick auf unsere Reisen auf der Transsib mit unserem Zarengold-Sonderzug optimistisch, im Mai 2022 planmäßig in die Saison zu starten. Auch für Bahnreisen im südlichen Afrika hoffen wir auf eine baldige Erholung. Für den Rovos Rail und den African Explorer ist die Nachfrage sehr stark. Solche Traumreisen werden meistens nicht Last-Minute gebucht, sondern eher langfristig, deshalb sehen wir für 2022 und 2023 sehr gute Perspektiven – und sind verhalten optimistisch mit Zugreisen in Afrika im 1. Quartal wieder loslegen zu können. Und last but not least sind auch die Grenzen Kanadas seit Anfang September wieder geöffnet. Als sicheres und gut entwickeltes Reiseziel setzen wir hier auf eine Saison 2022 mit keinen oder wenigen Einschränkungen.

Wann rechnen Sie wieder mit einem weitgehenden Normalbetrieb?

Willeke Felix

Wenn keine Entwicklungen eintreten, die jetzt noch nicht absehbar sind, sollte es vom ersten Quartal des nächsten Jahres an deutlich bergauf gehen. Es zeichnet sich ab, dass immer mehr Länder die Reisebeschränkungen für geimpfte und von einer Covid-19-Erkrankung genesene aufheben. Aber natürlich kann uns das Pandemie-Geschehen in manchen Teilen der Welt noch einen Strich durch die Rechnung machen. Deshalb würde ich das Wort Normalbetrieb erst frühestens für den Zeitraum ab 2023 in den Mund nehmen.

Sie haben vor kurzem angekündigt, dass vom 1. November an nur noch geimpfte und genesene Kunden an Ihren Reisen teilnehmen können. Warum?

Wir haben diese Entscheidung bewusst bereits in der ersten Septemberhälfte getroffen und unseren Gästen mitgeteilt, damit sie ausreichend Zeit haben, sich noch impfen zu lassen – sollten sie wirklich noch keine Gelegenheit dazu gehabt haben. Bereits im Spätsommer hat sich gezeigt, dass fast alle unserer letzten Reiseteilnehmer geimpft waren, ohne dass wir das zur Voraussetzung gemacht hätten. Daher fiel die Entscheidung leicht, dass das 2G-Konzept von November an zur Voraussetzung für die Teilnahme an unseren Reisen wird – auch weil viele Gäste selber es zur Bedingung für eine Buchung machen, direkt oder indirekt. Diese Maßnahme gibt unseren Gästen einfach mehr Sicherheit zur Durchführung ihrer Traumreise.

Was macht Sie zuversichtlich, dass Bahnreisen eine schnelle Renaissance erleben?

Die Vorausbuchungen, sowohl von Gästen, die bereits gebuchte Reisen verschoben haben, als auch im Hinblick auf die Neubuchungen für 2022 und 2023, stimmen mich da sehr zuversichtlich. Außerdem ist die Faszination einer Reiseform, die entspannte Landschaftserlebnisse, spannende Ausflüge und Begegnungen an den schönsten Orten, Komfort und Genuss miteinander verbindet, ungebrochen. Darüber hinaus erleben weitgehend landgebundene Reisen gerade ja mit Hinblick auf den "Footprint" eine gewisse Renaissance, die wir gern weiter fördern möchten.

Viele Menschen sind während der Pandemie eher unwillig in Züge gestiegen. Wie begegnen Sie möglichen Bedenken?

Gerade bei unseren Sonderzügen und bei den Luxuszügen reden wir keineswegs von beengten Verhältnissen. Im Gegenteil: großzügige private Abteile, oft mit eigenem Bad, bieten umfangreiche Möglichkeiten, sich bei Bedarf zurückzuziehen. Und in den Speisewagen lässt sich die Belegung gegebenenfalls durch Sitzungszeiten lockerer gestalten. Außerdem reisen unsere Gäste in kleineren Gruppen, die weitgehend unter sich bleiben; auch das gibt ihnen Sicherheit. Die Details planen wir derzeit gemeinsam mit unseren Partnern vor Ort. Ich bin sicher, dass wir da ein gutes Maß finden werden. Auf der einen Seite möchten und müssen wir gelernte neue Standards, zum Teil auch mit Tests, Masken und Abstand, in unsere Programme integrieren; auf der anderen Seite möchten wir die Vorteile unserer Reisen, die alles andere als Massentourismus sind, voll ausspielen.

Mehr über touristische Züge erfahren Sie mit unserer Themenwoche Bahnerlebnis auf Counter vor9: News, Hintergrund und Tipps für die Beratung im Reisebüro.

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