Was macht indigenen Tourismus in Kanada besonders?

Indigener Tourismus – diesen Begriff liest man mittlerweile immer öfter. Was bedeutet das eigentlich?

Bei uns in Kanada versteht man darunter Tourismusunternehmen, die sich mehrheitlich im Besitz von Mitgliedern der First Nations, der Métis oder der Inuit befinden, von diesen betrieben und kontrolliert werden. Sie stellen eine Verbindung zwischen der lokalen indigenen Bevölkerung und dem traditionellen Umfeld her. Indigener Kulturtourismus geht darüber hinaus: Hier wird der Tourist angemessen, respektvoll und authentisch in das öffentliche und kulturelle Leben der Indigenen integriert und nimmt an deren Alltag und Leben teil. Die Beteiligung indigener Gruppen an diesen Programmen macht es authentisch. Es gibt allerdings auch Unternehmen, die sich nicht im Besitz der indigenen Bevölkerung befinden. Indigener Kulturtourismus ist aber nur dann authentisch, wenn er von indigenen Völkern betrieben wird und sie nicht nur thematisiert.

Welches sind denn die größten indigenen Gruppen in Kanada und wo leben sie?

In Kanada gibt es 634 anerkannte indigene Gemeinschaften. Sie repräsentieren mehr als 50 Nationen und 50 Sprachen. Als indigene Völker Kanadas werden die First Nations, Inuit und Métis anerkannt. Etwa 1,6 Millionen Menschen werden dazu gezählt, die bevölkerungsreichste Gruppe sind die Cree, die sich überall zwischen den Küsten angesiedelt haben.

Wie unterscheiden sich indigene von herkömmlichen Touren?

Indigener Tourismus beschäftigt sich mit dem Leben und der Kultur indigener Bevölkerungsgruppen und schafft authentische und einzigartige Erlebnisse. Die Reiseleiter sind Bewahrer des indigenen Wissens und teilen ihre Erfahrungen, Bräuche, Kultur und Traditionen mit den Besuchern. So bringen beispielsweise die Reiseleiter von Homalco Wildlife and Cultural Tours an der Küste von British Columbia während einer Wildlife-Tour durch Bute Inlet den Besuchern die Geschichte, Kultur und Traditionen des Homalco-Volkes nahe. Im Hôtel - Musée Premières Nations, einem Vier-Sterne-Boutique-Hotel in Wendake in Quebec, erleben Besucher Jahrtausende alte Traditionen, indem sie mit Einheimischen in Kontakt treten und das Land erkunden.

Sind indigene Touren teurer als andere?

Nein, ihre Preise richten sich nach branchenüblichen Standards.

Was sollten Reisebüros bei der Beratung und beim Verkauf indigener Touren und Dienstleistungen beachten?

Die meisten unserer indigenen Reiseveranstalter sind eher kleine und mittlere Unternehmen mit begrenzter Ausstattung und nutzen in der Regel einfache Buchungssysteme, die nicht direkt mit den Systemen der Reisebüros verbunden werden können. Wir klären unsere Mitglieder auch über das Zusammenspiel im Tourismus auf und helfen ihnen, ihr Geschäft zu professionalisieren. Zum Beispiel bei der Erstellung von Netto- oder Provisionsraten. Wichtig ist auch, dass Reisebüros die kulturelle Identität der First Nations, mit denen man zusammenarbeitet, respektieren und den eigenen Kunden nicht bloß Folklore verkaufen.

Wie können Reisebüros indigene Reisen buchen?

In Deutschland bieten zum Beispiel Canusa, CRD Touristik, SK Touristik, FTI, Dertour, TUI und auch Tourlane erste indigene Reiseerlebnisse an. Auch kanadische Reiseanbieter wie Jonview, Canadavac, Discover Holidays und Journeys Across Canada haben indigenen Tourismus im Programm. Vertreter der Reise- und Handelsbranche können sich im Handelsbereich unserer Unternehmenswebsite https://indigenoustourism.ca/travel-trade/ alle einheimischen Anbieter ansehen. Und Reisebüros können mich auch persönlich unter Tamara@IndigenousTourism.ca kontaktieren.

Wie erkennen Reisebüros, ob es sich bei einem Produkt um indigenen Tourismus handelt?

Alle ITAC-Mitglieder müssen nachweisen, dass ihr Unternehmen zu mindestens 51 Prozent in der Hand indigener Völker liegt. Wir überprüfen die Eigentumsverhältnisse jedes Unternehmens, das indigene kulturelle Aktivitäten anbietet, bevor es damit Werbung macht.

Es gibt nach wie vor eher begrenzte indigene Touren bei deutschen Reiseveranstaltern. Warum ist das so?

Wir arbeiten mit den Reiseveranstaltern zusammen, um die Verfügbarkeit von mehr Produkten zu gewährleisten, die dann auch den Erwartungen der Besucher gerecht werden. ITAC unterstützt indigene Völker seit Jahren und hilft ihnen, eine eigene Tourismusindustrie aufzubauen. Das Interesse von deutschen Besuchern wächst – und über Kampagnen arbeiten Destination Canada sowie die Vertreter der Provinzen hart daran, dieses wachsende Interesse zu kommunizieren. Wir wissen, was unsere Besucher wollen und vermitteln das auch unseren Partnern.

Was erwarten denn die einheimischen Reiseveranstalter von ihren deutschen Partnern?

Ihnen ist vor allem wichtig, dass Geschäftspartner und Besucher ihre Bräuche, Traditionen und ihre Kultur respektieren, wenn sie entsprechende Veranstaltungen und Programme anbieten oder besuchen. Aufgrund ihres geringen Volumens schätzen unsere Mitglieder zudem bei Planung und Buchung einen engen gegenseitigen Kontakt.

Wie professionell ist der indigene Tourismus in Kanada denn aufgestellt, wenn es um Preise, Buchbarkeit und Zuverlässigkeit geht?

Alle in indigenem Besitz befindlichen und geführten Tourismusunternehmen müssen den branchenweiten Standard erfüllen, um als "marktreif" zu gelten. Für diesen Status muss ihre Qualität auf einem hohen Standard sein und das Niveau ihres Angebotes darf nicht schwanken.

Wie hat sich denn das Angebot an indigenem Tourismus in Kanada entwickelt?

Derzeit findet man auf unserer Website www.destinationindiginous.ca mehr als 200 Unternehmen, die indigene Programme und Touren anbieten und das Angebot wächst.

Mehr über das Reiseland Kanada erfahren Sie mit unserer Themenwoche Kanada auf Reise vor9 und Counter vor9: News, Hintergrund und Tipps für die Beratung im Reisebüro.