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29. Oktober 2019 | 07:00 Uhr
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Streit um Kundengeldabsicherung verschärft sich

Nachdem "Bild am Sonntag“ berichtet hatte, Kunden der insolventen deutschen Veranstalter von Thomas Cook könnten auf Kosten im Umfang von 400 Millionen Euro sitzenbleiben, spitzt sich die Auseinandersetzung um eine mögliche Staatshaftung und eine Anhebung der Obergrenze für die Erstattungspflicht zu.

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Wer muss für den Schaden eintreten, den die Thomas-Cook-Pleite hinterlässt? Die Einschätzungen dazu sind unterschiedlich

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"Bild am Sonntag“ hatte eine Zahl von 660.000 Buchungen genannt, aus denen ein Schaden von 500 Millionen Euro entstanden sei. Wegen der gesetzlichen Deckelung der Haftung des Versicherers Zurich Insurance auf 110 Millionen Euro fehlten damit 400 Millionen, um sämtliche Kundenansprüche zu befriedigen, folgerte das Blatt. Belegbar sind diese Zahlen allerdings nicht, zumal hier offenbar nur eine Buchungszahl mit einem durchschnittlichen Reisepreis multipliziert wurde. Dabei dürften für einen Teil der reisen bisher nur Anzahlungen geleistet worden sein. Nach Auskunft des Tourismusausschusses im Bundestag ist mit Klarheit über die Zahl der Geschädigten und die Höhe der Verluste erst Ende des Jahres zu rechnen. Bis dahin darf fleißig weiter spekuliert werden.

Ungeachtet dessen entflammt die Debatte um die Verantwortung für die Differenz zwischen Schaden und versicherter Summe sowie eine Anhebung der Haftungsgrenze nun noch stärker. Wie bereits bekannt, sehen die Verbraucherschützer vom Verbraucherzentrale Bundesverband sowie die Oppositionsparteien Grüne und Linke dabei den Fiskus in der Pflicht. Die Politik habe die Haftungsgrenze seit ihrer Einführung im Jahr 1993 nie aktualisiert und den veränderten Marktverhältnissen oder der Inflation angepasst, argumentieren sie. Wenn Thomas Cook unterversichert sei, müsse daher die Staatshaftung greifen.

Vom Tourismusausschuss des Bundestages heißt es dagegen in einer Mitteilung vom Donnerstag, dass "mit einer Insolvenz von der Dimension der Thomas-Cook-Pleite niemand habe rechnen können". Der größte bislang zu deckende Schadensfall habe bei 30 Millionen Euro gelegen. Es habe auch nur wenige Kritiker gegeben, die an der geltenden Haftungsobergrenze etwas auszusetzen fanden. Das System habe "wunderbar" funktioniert. Dass dies so bleiben werde, erweise sich jetzt als "Fehleinschätzung".

Zudem erklärten Regierungsvertreter, eine Anhebung der Garantiesumme auf 300 Millionen Euro, wie von Grünen und Linken gefordert, werde zur Folge haben, dass sich Pauschalreisen verteuerten und kleinere Anbieter in Schwierigkeiten geraten könnten. Es sei außerdem nicht ausgemacht, dass sich Versicherer bereit fänden, ein so hohes Risiko abzudecken. Die Bundesregierung werde "gleichwohl alternative Modelle des Insolvenzschutzes für Pauschalreisende untersuchen".

Zugleich entzündet sich als eine Art Nebenkriegsschauplatz eine Diskussion darum, ob die Kosten für die Rückholung gestrandeter Thomas-Cook-Kunden in den 110 Millionen Euro enthalten sind oder nicht. Das Bundesjustizministerium vertritt die Auffassung, dass "Repatriierungskosten von sonstigen Ansprüchen getrennt zu behandeln" seien. Dann hätte der Versicherer diese Kosten, die laut Bundesregierung bei 80 Millionen Euro gelegen haben sollen, extra zu zahlen. Die Begrenzungsmöglichkeit auf 110 Millionen Euro beziehe sich für den Versicherer "nur auf Kostenerstattungsansprüche, nicht auf die unmittelbar vom Versicherer zu tragenden Kosten der Rückbeförderung", heißt es aus dem Ministerium. Der Versicherer Zurich Insurance hält dies wiederum für "eine absurde Interpretation des Gesetzes“, wie er gegenüber der "Welt" erklärte.

Christian Schmicke

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