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22. April 2021 | 14:02 Uhr
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Verbände wollen Gesellschafter des Reisesicherungsfonds sein

DRV, ASR, der Bustouristik-Verband RDA und der Verband Internet Reisevertrieb (VIR) wollen Gründungsgesellschafter des geplanten Reisesicherungsfonds werden. Bei einer Anhörung im Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherfragen forderten Experten Nachbesserungen am geplanten Gesetz.

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Die vier Verbände wollen laut DRV-Hauptgeschäftsführer Dirk Inger die Erlaubnis als Reisesicherungsfonds beim Bundesjustizministerium beantragen, sobald das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist. Laut Inger unterstützen sie eine „Neuausrichtung der Insolvenzsicherung“. Dies gehe jedoch mit erheblichen Mehrkosten und Mehraufwand für Reiseveranstalter einher und stelle gerade in der gegenwärtigen Corona-Krise eine extreme Belastung dar. Inger sprach sich dafür aus, das Entgelt pro Reise auf 0,6 Prozent statt wie geplant ein Prozent festzusetzen und die Aufbauphase von fünf auf mindestens sieben Jahre zu verlängern.

Der DRV-Geschäftsführer wies zudem darauf hin, dass aufgrund definitorischer Unschärfen die Gefahr bestehe, dass Reisebüros, die verbundene Reiseleistungen vermitteln, in Zukunft auch diesen gesamten Umsatz absichern müssten. Gesetzlich vorgesehenen sei aber nur eine Insolvenzabsicherung, wenn der Vermittler verbundener Reiseleistungen Zahlungen des Reisenden auf Vergütungen für Reiseleistungen entgegennimmt. Dies gelte es klarzustellen.

Versicherer verlangen Klärung des Übergangs

Nils Hellberg vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft begrüßte die beabsichtigte Reform als „längst überfälligen Schritt“. Zu begrüßen sei auch, dass kleine Reiseanbieter, die weniger als drei Millionen Euro Umsatz mit Pauschalreisen erzielen, sich weiter ausschließlich über eine Versicherung oder ein Kreditinstitut absichern können. Sachgerechter dürfte hier allerdings eine höhere Umsatzgrenze von zehn Millionen Euro sein, glaubt Hellberg. Als zentrales Problem des Regierungsentwurfs bezeichnete der Versicherungsfachmann den fehlenden Gleichlauf zwischen dem grundsätzlichen Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Juli und der Haftungsübernahme durch den Fonds, die erst für einen noch offenen Zeitpunkt vorgesehen ist.

Längere Aufbauphase, niedrigere Beiträge

Auch VIR-Chef Michael Buller sprach sich für die Verlängerung der Aufbauphase von bisher fünf Jahren aus, da man nicht wisse, wie lang die Krise noch dauere. Weil viele Unternehmen bis zum Start des Sicherungsfonds Insolvenz anmelden könnten, brauche man mindestens sieben Jahre. Buller erklärte, die Umstellung komme „zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt überhaupt“. Es sei nicht abzusehen, wann das Reisegeschäft wieder ordentlich aufgenommen werden könne. Deshalb müsse auch die Hochlaufphase des Fonds angepasst werden. Dazu komme, dass viele Veranstalter nur mit Krediten durchhalten könnten. Deshalb werde es für diese Unternehmen schwierig, neue Bürgschaften für den Reisesicherungsfonds zu bekommen.

Klaus Tonner, Lehrstuhlinhaber für Bürgerliches Recht und Europäisches Recht an der Universität Rostock, sprach sich angesichts der Covid-19-Pandemie für ein zeitlich gestrecktes Hochfahren des Reisesicherungsfonds aus, um die finanzielle Belastung der Reiseveranstalter in Grenzen zu halten. Eine Erstreckung auf zehn Jahre sei mit dem fiskalischen Interesse des Bundes, die staatliche Garantie zeitlich zu begrenzen, vereinbar. Die Grenze für Reiseveranstalter, die sich nicht über den Reisesicherungsfonds absichern müssen, sollte von drei auf zehn Millionen Euro angehoben werden, forderte er.

Christiane Leonard vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO) erklärte, das gesetzgeberische Ziel, Verbraucher vor Insolvenzen in der Reisebranche zu schützen, sei berechtigt. Gerade die durch familiengeführte Unternehmen geprägte Busbranche lebe von zufriedenen Verbrauchern. Jedoch überforderten die im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Neuregelungen den Mittelstand. Weder die Sicherheitsleistungen noch die Entgelte seien für diese Unternehmen darstellbar und auch nicht erforderlich. Ohne deutliche Nachbesserungen würden unzählige Unternehmen vom Markt verschwinden.

Verbraucherschützer sind zufrieden

Felix Methmann Touristikexperte der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), betonte in seiner Stellungnahme, dass der VZBV bereits seit vielen Jahren darauf hinweise, dass die Insolvenzabsicherung im deutschen Pauschalreiserecht – insbesondere die Haftungsbegrenzung auf 110 Millionen Euro pro Versicherer und Geschäftsjahr – nicht europarechtskonform ausgestaltet sei. Das jetzt geplante brancheninterne Solidaritätsprinzip sei "weitaus vorzugswürdiger", als das Schadensrisiko wie bislang den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern aufzubürden.

Auch Ansgar Staudinger, Lehrstuhlinhaber an der Universität Bielefeld, erklärte, das bisherige Absicherungsmodell sei zweifellos europarechtswidrig. Das habe sich bei der Krise von Thomas Cook gezeigt. Die Fondslösung sei der richtige Weg. Die vorliegenden Kennziffern eines solchen Fonds seien überzeugend und sollten den Risiken ausreichend Rechnung tragen, die es abzusichern gelte. Zur Diskussion über die Zugangsschwellen für Unternehmen von drei, fünf oder zehn Millionen Euro sagte Staudinger, ein Fonds könne dann effektiv arbeiten, wenn möglichst viele mitmachten. Deswegen sollte eine Anhebung der Drei-Millionen Grenze nur mit Vorsicht erfolgen, damit so viele Unternehmen wie möglich von dem Fondsmodell erreicht werden.

Mögliche Änderungen an dem Gesetzentwurf zum Reisesicherungsfonds müssten nun in den kommenden Tagen und Wochen eingearbeitet werden. Die Verabschiedung im Bundestag ist für die zweite Maihälfte vorgesehen, damit das Gesetz wie geplant zum 1. Juli in Kraft treten kann.

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