Wie das "Ländle" zum Innovationstreiber werden will
Beim Tourismustag Baden-Württemberg im Rahmen der Reisemesse CMT debattierten Vertreter von Tourismus und Wissenschaft über die richtigen Rahmenbedingungen für ein produktives Innovationsklima. Ein Konsens bestand darüber, dass an die Stelle von Konkurrenz- und Silodenken mehr Kooperationsbereitschaft unter den Akteuren rücken muss.
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Der Schwarzwald ist das touristische Schwergewicht in Baden-Württemberg
Es war kein Zufall, dass die Organisatoren des Tourismustages, die Destinationsmanagement-Berater von Project M, die Keynote von einem Unternehmer und Innovationsexperten aus dem Silicon Valley halten ließen. Christoph Burkhardt, aufgewachsen in Heidelberg, aber im Silicon Valley lebend, skizzierte seine Sicht der Unterschiede in der Mentalität deutscher und US-amerikanischer Akteure in Sachen Innovation. Während hierzulande schnell über mögliche Probleme diskutiert werde, sehe man jenseits des Atlantiks vor allem die Chancen, sagt er. Im Reise vor9 Podcast thematisieren wir das Für und Wider dieses Ansatzes in dieser Woche.
Appell an den Erfindergeist
Unabhängig von Goldgräberstimmung, KI und Big Data sieht sich Baden-Württemberg sozusagen als natürlicher Innovationshub. Man sei "das Erfinderland im Süden der Republik", so die Überzeugung. Viele bahnbrechende und bewegende Innovationen hätten ihren Ursprung in Baden-Württemberg: vom Streichholz über das Automobil und das Fahrrad bis hin zum Spaghetti-Eis.
Als Wirtschaftsfaktor spielt der Tourismus im Ländle durchaus eine erhebliche Rolle. Mit einer Wertschöpfung von 11,8 Milliarden Euro trug er 2019 3,4 Prozent zum Primäreinkommen bei. 377.000 Menschen leben damit rechnerisch davon. Größter Umsatzbringer ist mit 7,7 Milliarden Euro der Schwarzwald vor der Region Stuttgart mit 6,6 Milliarden Euro.
Ein großes Akzeptanzproblem hat der Tourismus in Baden-Württemberg nicht. In allen Regionen des Bundeslandes sehen ihn deutlich mehr Menschen positiv als kritisch. So sehen im Schwarzwald lediglich drei Prozent überwiegend negative Folgen, um den Bodensee sind es sieben Prozent. Allerdings: Am Bodensee erkennen 17 Prozent persönlich negative Auswirkungen auf ihren Wohnort. Gleichwohl ist nach Zahlen von 2023 die positive Einstellung gegenüber dem Tourismus deutlich ausgeprägter als die skeptische.
Mehr Kollaboration gefragt
Gute Vorzeichen also, um innovative Projekte voranzutreiben. Dazu bedarf es laut Professorin Vanessa Borkmann vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation eines "Innovations-Ökosystems". Gemeint ist damit neben Unternehmergeist vor allem eines ausgeprägten Sinnes und eines gemeinsamen Verständnisses zur Kollaboration – beginnend beim Austausch von Erfahrungen und Erkenntnissen bis hin zu gemeinsamen Investitionen. Das ist angesichts einer ausgeprägten Neigung, die Nachbargemeinde zum Hauptkonkurrenten zu erklären, keineswegs selbstverständlich. Gleichwohl: Vernetzung sei ein Schlüssel für erfolgreiche Innovation im Tourismus, wissen sowohl Wissenschaftlerin Borkmann als auch Silicon-Valley-Berater Burkhardt.
Christian Schmicke