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31. Juli 2019 | 07:00 Uhr
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Kann NDC für Reisebüros zum Erfolg werden?

Mit dem neuen Datenstandard NDC können Reisebüros ihren Kunden bessere Angebote zusammenstellen, sagt Ian Heywood (Foto), beim GDS Travelport zuständig für neue Vertriebswege. Sie sollten Airlines den eigenen Mehrwert verdeutlichen, "indem Sie Tickets auf Flügen verkaufen, die nur schwach gebucht sind", oder "hochprofitable Zusatzleistungen". Einen entscheidenden Punkt lässt der Manager allerdings aus.

Heywood Ian

Travelport-Manager Ian Heywood

In einem längeren schriftlichen Beitrag richtet sich Heywood an den stationären Vertrieb und wirbt für die Nutzung NDC-tauglicher Schnittstellen, die vor allem den Verkauf von Zusatzleistungen und im Idealfall die Erstellung personalisierter Angebote ermöglichen. Zwar sei es "bislang durchaus nachvollziehbar, erst einmal abzuwarten und zu beobachten, wie sich das Thema NDC entwickelt", räumt er ein. Im Jahr 2020 sollten schon 20 Prozent aller Buchungen über NDC-taugliche Schnittstellen abgewickelt werden. Darüber hinaus habe eine Vielzahl von Airlines angekündigt, Buchungen über eine solche Schnittstelle in Zukunft zu priorisieren, gibt er zu bedenken.

 Angesichts dieser Voraussetzungen müssten sich Reisebüros müssen überlegen, wie auch sie von NDC profitieren könnten, wenn sie nicht hinter ihre Wettbewerber zurückfallen wollten. Dabei gehe es im Kern um zwei Fragen, so der Technikexperte: "Wie lässt sich die Geschäftsbeziehung zu den Leistungsträgern intensivieren? Und wie lässt sich besserer Content zielgerichtet für den jeweiligen Kunden bereitstellen?"

Da in Zukunft die Buchungen von Flügen direkt in den Systemen der Airlines vorgenommen würden und die Airlines selbst das Erstellen von Angeboten in die Hand nähmen, verändere sich die Rolle der Reisebüros grundlegend, glaubt Heywood. Sie müssten über eine NDC-Schnittstelle nicht nur Zugang zu dem neuen Content erhalten, sondern auch ihre Kunden und deren Vorlieben besser kennen, um in der Lage zu sein, ihnen die passenden Angebote zu unterbreiten.

Höhere Komplexität

Eine weitere wesentliche Veränderung, die NDC mit sich bringen werde, sei, "dass einige wenige Tarife durch eine Vielzahl neuer Angebote ersetzt werden, die wiederum aus verschiedensten Tarifen und Zusatzleistungen bestehen". Für den Kunden sei das eigentlich eine tolle Sache, denn er erhalte eine größere Auswahl. Allerdings werde die Angebotssuche dadurch erheblich komplexer, was den gesamten Buchungsprozess verlängere. Deshalb sei eine strukturierte Suche der Reisebüros künftig wichtiger als in der Vergangenheit.

Neue Spielregeln müssten aber auch zwischen den Reisebüros und den Leistungsträgern gelten, da sich deren Geschäftsbeziehungen veränderten. "Es wird neue Regeln geben, wie Reisebüros Zugang zu Angeboten und Inhalten erlangen und wie deren Kunden diese buchen. Neue Regeln gelten auch bei der Frage, welcher Content in welchem Umfang den Reisebüros zur Verfügung steht", fasst Heywood zusammen.

Wer soll das bezahlen?

Der IT-Experte ist überzeugt, dass Airlines die Bereitschaft des Vertriebs, enger an sie heranzurücken, belohnen. Er empfiehlt sogar, zu diesem Zweck „wertvolle Kundendaten mit ihnen zu teilen“. Die Kernfrage, die sich im Hinblick auf die Arbeit mit NDC für die Reisebüros stellt, lässt der GDS-Experte allerdings unbeantwortet. Wie sollen sie mit der schönen neuen Ancillaries-Welt künftig Geld verdienen? Denn streng genommen funktioniert dies schon heute nur, indem das Reisebüro die Kunden für seine Dienste zur Kasse bittet – und damit in Kauf nimmt, dass es teurer verkaufen muss als die Airlines selbst

Zwar werden die großen Carrier gerade in ihren Heimatmärkten unermüdlich für die Nutzung von NDC-Schnittstellen, ohne die Reisebüros ein Teil der Tarife vorbehalten bleiben und ohne deren Nutzung auch noch ein GDS-Aufschlag fällig wird. Doch bislang bleiben sie konkrete Zusagen, wie sie zum Beispiel den Verkauf in Zeiten schwacher Auslastung oder von Ancillaries vergüten wollen, schuldig. Auf den Verkauf dieser Leistungen auch noch eine Gebühr, draufzuschlagen, wäre aus der Sicht des Vertriebs keine Lösung.

Dass sich Travelport-Manager Heywood zu diesem Thema in Schweigen hüllt, ist nachvollziehbar. Schließlich kann er die Lösung selbst nicht herbeiführen, sondern nur darauf hoffen. Denn der Schlüssel dazu liegt bei den Airlines. Allerdings wird sich ohne konstruktive, verbindliche Angebote  der Fluggesellschaften an die Reisebüroketten und -kooperationen am bestehenden Dilemma nichts ändern.

Christian Schmicke

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