AirPlus

Tägliche News für die Travel Industry

22. Juli 2022 | 12:54 Uhr
Teilen
Mailen

Bahnbüro Gleisnost kippt Ticketverkauf wegen Nullprovision

Viele Reisebüros sollen ab 2023 gar keine Vergütung mehr für den Verkauf von Bahnfahrkarten erhalten. Das bekannte Reisebüro Gleisnost in Freiburg stellt jetzt den Verkauf von reinen Zugtickets ein und dürfte nicht das einzige bleiben. Indes wächst auch die Kritik an der Bahn, sie erweise mit ihrer Vertriebspolitik dem Klimaschutz einen Bärendienst.

Bahn Fahrkartenautomat Foto Deutsche Bahn AG.jpg

Gibt's Fahrkarten bald nur noch am Automaten, wenn immer mehr Reisebüros den Bahnverkauf aufgeben

Anzeige
nicko cruises

Mitmachen und Reisegutschein von nicko cruises gewinnen!

Reiseverkäufer, die einmal selbst mit nicko cruises auf Tour gehen möchten, können im Rahmen der Themenwoche zur Weltreise der VASCO DA GAMA einen Reisegutschein gewinnen. Um in der Glückstrommel zu landen, müssen sie nur zwei Fragen richtig beantworten. Die Infos dazu gibt's hier. Reise vor9

Gleisnost – auf solch einen Namen für ein Reisebüro, das auf Bahnreisen spezialisiert ist, muss man erst mal kommen. Als Siegfried Klausmann seine Agentur 1989 in Freiburg gründete, war Glasnost noch in aller Munde, eine Politik, mit der Reformer Michail Gorbatschow in der Sowjetunion mehr Transparenz schaffen wollte. Gleisnost macht seither für die Kunden das Dickicht der Bahntarife durchsichtiger, und das lange mit wachsendem Erfolg.

Fahrscheine gibt es nur noch mit Hotel

Nun allerdings hat Klausmann eine Zweigstelle in der Freiburger Theaterpassage geschlossen und in seinen anderen Filialen verkauft er keine reinen Zugtickets mehr. Die gibt es nur noch zusammen mit einer Hotelbuchung und gegen ein Serviceentgelt. Erst setzte die Corona-Flaute der Reisebranche mächtig zu. Und jetzte schickte die Deutsche Bahn vielen Handelsvertretern auch noch neue Verträge, wonach es für Beratung und Verkauf von Tickets ab 2023 überhaupt keine Provision für den Fahrkartenverkauf mehr geben soll.  

"Hier wird einfach eine seit Jahren laufende Strategie durchgezogen, den personenbedienten Verkauf abzuwürgen“, ärgert sich Joos Hahn über den bundeseigenen Großkonzern. Der Gleisnost-Büroleiter arbeitet seit 20 Jahren bei der Agentur und beklagt eine "jahrelange, gezielte Benachteiligung von Reisebüros, wenn es um Angebote, Preise und Innovationen bei der Bahn geht". Deshalb sei der Anteil von Reisebüros an dem Ticketverkauf immer mehr gesunken.

Jede zweite DB-Agentur hat schon aufgegeben

Tatsächlich hat der Schienenriese trotz heftiger Kritik in den letzten Jahrzehnten die Provisionen für Reisebüros immer weiter zusammengestrichen. Dadurch hat sich die Zahl der Agenturen, die noch Tickets verkaufen, bereits mehr als halbiert. Noch Anfang des Jahrtausends konnte man sich bundesweit von rund 3.200 Agenturen zu einer Bahnreise beraten lassen. Inzwischen ist deren Zahl weiter auf rund 1.550 geschrumpft.

Die DB-Spitze um Vorstandschef Richard Lutz rechtfertigt die beständige Ausdünnung des stationären Verkaufs mit dem umfangreichen Ausbau der Automaten, Online-Angebote und Telefon-Hotlines, über die inzwischen der größte Teil der Fahrkarten abgesetzt werde. Zudem gibt es immer wieder Ticket-Sonderaktionen über Supermärkte und Discounter. So schrumpfte der Anteil der Reisebüros am DB-Ticketumsatz auf wenige Prozent.

Bärendienst für den Klimasschutz

Wenn der DB-Konzern aber eigene Reisezentren schließe und gleichzeitig Agenturen die Geschäftsgrundlage entziehe, würden Menschen „faktisch vom Reisen mit der Bahn ausgeschlossen“, die auf solche stationären Angebote angewiesen seien, kritisiert Matthias Gastel, Bahnexperte der Grünen im Bundestag. Manche hätten nicht die Möglichkeit, digital zu buchen, andere bräuchten persönliche Beratung beim oft schwierigen Buchen von Zugverbindungen beispielsweise ins Ausland.

Die DB als im Fernverkehr führendes Bahnunternehmen stehe daher „in der Verantwortung, dass Fahrgäste auf der Schiene so unkompliziert wie möglich in andere, auch ferne Länder reisen können“, betont Gastel. Und fügt hinzu: "Wenn die Deutsche Bahn dies noch mehr erschwert, dann erleichtert sie das Geschäft der Airlines statt das der Bahnen und erweist damit auch dem Klimaschutz einen Bärendienst."

Kunden müssen nun für den Service bezahlen

Reisebüros wie Gleisnost sind angesichts der wegfallenden Umsatzvergütungen zunehmend gezwungen, Serviceentgelte zu verlangen. Für Bahntickets zahlen Kunden 15 Prozent Aufpreis, wer Hotel, Mietwagen oder Flieger dazu bucht, bekommt Ermäßigung. Unterm Strich sei der Kauf im Reisebüro oft dennoch günstiger, verspricht Gleisnost – dank Spezialtarifen und der Expertise der Berater, die besten Preise und Routen im Preisdickicht der Bahn zu finden.

Thomas Wüpper

Anzeige Reise vor9