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28. Juni 2023 | 14:17 Uhr
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Kartellamt straft Bahn-Umgang mit Mobilitäts-Portalen ab

Nach einer Entscheidung des Bundeskartellamtes verstößt die Deutsche Bahn gegen das Kartellrecht, da der Konzern seine Marktmacht gegenüber Mobilitäts-Plattformen missbraucht. Die Behörde verlangt zahlreiche Veränderungen am Vertriebsmodell – unter anderem eine Vergütung der Plattformen für verkaufte Tickets. Die Bahn will Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen.

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Die Bahn muss ihren Umgang mit Mobilitäts-Portalen ändern, sagt das Bundeskartellamt

Die Bahn sei einerseits das marktbeherrschende Schienenverkehrsunternehmen und andererseits selbst eine marktstarke Mobilitäts-Plattform mit ihrem Portal bahn.de und mit ihrer App DB Navigator, argumentieren die Kartellwächter. Sie nutze ihre Schlüsselstellung auf den Verkehrs- und Infrastrukturmärkten, um den von dritten Mobilitäts-Plattformen ausgehenden Wettbewerb einzuschränken. Wettbewerbswidrige Vertragsklauseln der DB seien etwa Werbeverbote, vertikale Preisvorgaben, weitreichende Rabattverbote sowie die Vorenthaltung einer Provision.

Zudem verweigere die DB den Mobilitäts-Plattformen den "fortlaufenden und diskriminierungsfreien Zugang zu allen von der DB kontrollierten Verkehrsdaten in Echtzeit“, die für die Organisation und Buchung von Reisen mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln unerlässlich seien. Dies betreffe Verspätungsdaten des Schienenpersonenverkehrs ebenso wie Zugausfälle oder ausgefallene oder zusätzliche Halte, die Gründe für Verspätungen oder Ausfälle, zusätzliche Fahrten oder Ersatzverkehre, aktuelle Gleisangaben oder Gleiswechsel und Daten zu Großstörungsereignissen.

Streitpunkte: Werbung und Provision

Das Bundeskartellamt hat der Bahn unter anderem auferlegt, den Mobilitäts-Plattformen künftig ohne vertragliche Beschränkungen von den Möglichkeiten der Online- und App-Store-Werbung Gebrauch zu machen. Online-Partner sollen künftig beim Verkauf von Bahn-Tickets eigene Rabattaktionen, Bonuspunkt- oder Cashback-Programme einsetzen können. Einzelne gezielte Rabattaktionen, die der Bahn zusätzliche Risiken im Hinblick auf die Steuerung der Auslastung ihrer Züge auferlegten, seien davon ausgenommen. 

Wichtigster Punkt der Entscheidung der Kartellbehörde dürfte allerdings sein, dass die Bahn Mobilitäts-Dienstleistern, die für sie beim Fahrkartenvertrieb die Buchungs- und Zahlungsabwicklung übernehmen, künftig „ein an kartellrechtlichen Mindeststandards orientiertes Leistungsentgelt zu zahlen“ hat. Das Gleiche gelte für die Vermittlungsprovision selbst. Die genaue Höhe der Provisionen bleibe indes den Verhandlungen zwischen der DB und ihren Vertragspartnern vorbehalten; sie sei nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen.

Bahn sieht in Forderungen Hilfestellung für US-Konzerne

Von der Bahn kommt, wie nicht anders zu erwarten, Widerspruch. Unter anderem habe sie zur Datenweitergabe "frühzeitig deutlich gemacht, dass sie ihre Echtzeitdaten als Teil eines europaweiten Paketes zur Verbesserung der Fahrgastrechte ab dem 7. Juni mit ihren Vertriebspartnern teilen" werde, heißt es. Richtig in Wallung bringt den Staatskonzern indes die Verpflichtung, Online-Plattformen für den Verkauf von DB-Fahrscheinen zu vergüten, „selbst wenn deren Leistungen aufgrund sehr gut ausgebauter eigener DB-Vertriebskanäle keinen Mehrwert für die DB bieten“ Hinter den Online-Plattformen stünden "oftmals kapitalkräftige US-Großbanken, weltweit agierende Vermögensverwaltungsgesellschaften und Fonds", heißt es von der Bahn.

Der Beschluss des Bundeskartellamts habe "weitreichende wirtschaftliche Folgen" für die DB, heißt es weiter. Den hohen Mehrbelastungen durch die geforderten Änderungen am Vertriebsmodell stünden keine entsprechenden Einsparungen oder Zusatzeinnahmen gegenüber. Die Bahn werde Rechtsmittel gegen den Beschluss des Bundeskartellamts einlegen. Dieser ist noch nicht rechtskräftig. Über die Beschwerde gegen die Entscheidung wird das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden.

Christian Schmicke

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