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4. Mai 2021 | 13:54 Uhr
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Kein Geld bei Flugverzögerung wegen Airline-Insolvenz

Das Amtsgericht München wies die Klage eines Reisenden gegen einen Veranstalter ab, der wegen des späteren Starts eines Ersatzfluges aufgrund der Pleite der ursprünglich gewählten Fluggesellschaft 800 Euro kassieren wollte.

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Der Kläger und seine Ehefrau hatten bei dem Veranstalter eine Pauschalreise nach Ägypten für 2.508 Euro gebucht. Der Hinflug von Nürnberg nach Marsa Alam mit der Fluggesellschaft Small Planet Airlines war für den 2. Oktober 2018 um 13:30 Uhr vorgesehen. Am 18. September ging Small Planet in Insolvenz. Der Hinflug erfolgte daraufhin mit einer anderen Fluggesellschaft am 2. Oktober erst um 22:15 Uhr, sodass der Kläger und seine Ehefrau das gebuchte Hotel erst um 6 Uhr morgens am Folgetag erreichten.

Der Veranstalter hatte vorgerichtlich an den Kläger 100 Euro gezahlt. Der Kläger erklärte, dass für seine Gattin aufgrund eines durch diese Strapaze verursachten Kreislaufversagens drei Tage lang der Hotelarzt aufs Zimmer habe kommen müssen und er sich um seine Frau kümmern musste. Nach der EU-Verordnung 261/2004 hätte er vom Flugunternehmen 800 Euro erhalten müssen, was infolge Insolvenz unmöglich geworden sei. Der Veranstalter sei schadensersatzpflichtig, weil er als professionelles Touristikunternehmen eine Fluglinie ausgewählt habe, die sich bekanntermaßen bereits in finanziellen Schwierigkeiten befunden habe.

Geld erst ab der fünften Verspätungsstunde

Der Reiseanbieter hielt dem entgegen, dass er für die Insolvenz der Fluggesellschaft nicht einzustehen habe; deren wirtschaftliche Verhältnisse ihm nicht bekannt gewesen seien. Diese habe ihre Flüge immer zuverlässig durchgeführt. Es bestehe keine Pflicht des Reiseveranstalters, dafür zu sorgen, dass Ansprüche aus der Fluggastrechteverordnung gegen die befördernde Fluggesellschaft durchsetzbar seien. Hinsichtlich der Flugverzögerung, für die allein er hafte, seien die ersten vier Stunden als bloße Unannehmlichkeit im Rahmen des Massentourismus entschädigungslos hinzunehmen. Eine Minderung komme ab der fünften Verzögerungsstunde, hier allenfalls für sechs Stunden in Betracht. Deswegen seien eigentlich lediglich 50,16 Euro geschuldet. Auch dass die Ehefrau des Klägers aufgrund des Abwartens ein Kreislaufversagen erlitten habe, sei als unwahrscheinlich zu bestreiten. Grund sei wohl eher eine Vorerkrankung gewesen.

Verschiebung "im Rahmen des Massentourismus bloße Unannehmlichkeit"

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München begründete ihr Urteil damit, dass in dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Pauschalreisevertrag eine unverbindliche Abflugzeit für den Hinflug am 2. Oktober um 13:30 Uhr angegeben gewesen sei. Eine Verschiebung der vorgesehenen Abflugzeiten sei im Rahmen des Massentourismus "in gewissem Umfang als bloße Unannehmlichkeit hinzunehmen“, erklärte sie.

Verzögere sich der Abflug allerdings über eine Dauer von mehr als vier Stunden über die vorgesehene Abflugzeit hinaus, so stünden den Reisenden nach überwiegender Rechtsprechung wegen dieses Reisemangels Minderungsansprüche gemäß § 651m BGB in Höhe von fünf Prozent des anteiligen Tagesreisepreises für jede weitere Stunde zu. (…). Ausgehend von einem Tagesreisepreis von 167,20 Euro und einer berücksichtigungsfähigen Flugverschiebung von 6 Stunden habe das beklagte Unternehmen den diesbezüglichen Minderungsanspruch des Klägers durch vorgerichtliche Regulierung in Höhe von 100 Euro hinreichend ausgeglichen.

Gesundheitszustand "nicht Gegenstand des Vertrags"

Der individuelle Gesundheitszustand der Reisenden sei nicht Gegenstand des zwischen den Parteien abgeschlossenen Reisevertrages. Auszugehen sei insoweit vom Gesundheitszustand eines durchschnittlichen Reisenden. Die Auswahl einer solventen Fluglinie mit dem Zweck, dem Reisenden etwaige Ausgleichsansprüche nach Fluggastrechteverordnung zu sichern, sei nicht vom Schutzzweck des Pauschalreisevertrages umfasst. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Veranstalter bei Vertragsabschluss oder im Vorfeld des gebuchten Hinfluges Kenntnis von der Insolvenz der Fluggesellschaft gehabt habe, zumal der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zwingend zu einer Einstellung des Flugbetriebes führen müsse und infolge der angeordneten vorläufigen Eigenverwaltung jedenfalls bis zum 31. Oktober auch nicht dazu geführt habe.

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