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22. September 2020 | 15:48 Uhr
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Shitstorm nach anonymer Veranstalter-Kritik an Reisebüros

Ohne ihre Identität offenzulegen, bemängelten Vertreter von Reiseveranstaltern im Fachportal "Touristik Aktuell", in der Corona-Krise seien zahlreiche Reisebüros für ihre Kunden nicht erreichbar gewesen und hätten diese an die Veranstalter verwiesen. Dafür hagelte es auf Social Media empörte Proteste.

Geschlossen

Die Kritik von Reisebüros an Veranstaltern wie TUI, die während der dramatischen Wochen und Monate nach der weltweiten Ausbreitung von Covid-19 für den stationären Vertrieb einfach die Telefone abstellten, könnte mittlerweile Bücher füllen. "Die Veranstalter wälzen die Arbeit auf uns ab, verweigern uns aber gleichzeitig die Informationen, die wir bräuchten, um sie im Sinne unserer Kunden zu erledigen", lautete in geschlossenen Facebook-Gruppen, aber auch öffentlich der Vorwurf vieler Büros.

Nun drehten einige Veranstalter den Spieß um. "Wir erleben sehr verwundert, wie viele Reisebüros nicht für ihre Kunden da sind oder bei Rückfragen einfach die Hotline des Veranstalters weitergeben", zitiert "Touristik Aktuell" den Vertriebschef eines Veranstalters, der offenbar unerkannt bleiben wollte. Weitere Beiträge in dieselbe Stoßrichtung folgen; auch darin werden Ross und Reiter nicht genannt.

"Samt Team durchmalocht"

Die Reaktion folgte auf dem Fuße. Bis Dienstagnachmittag fanden sich auf der Facebook-Seite des Fachblatts 150 Kommentare. Im Mittelpunkt der Beiträge stand zum einen, dass sich viele Vertreter des stationären Vertriebs ungerechtfertigterweise angegriffen fühlten. "Ich für meinen Teil habe samt Team durchmalocht und mit jedem einzelnen Kunden Kontakt gehabt", schreibt eine Leserin." Auch habe ich weiterhin für ein besetztes Büro gesorgt, als ich selbst mit drei kleinen Kindern im Lockdown saß samt Homeschooling."

Ein weiterer Punkt, der für Verstimmung sorgte, war die Tatsache, dass sich die Veranstalter mit ihrer Attacke nicht aus der Deckung trauten. "Der Charakter zeigt sich in der Krise… Nur Feiglinge kritisieren anonym", schreibt Reisebüroinhaber Manfred Radigewski in einer Mail an die Redaktion von Counter vor9.

Klage über fehlende Lobby

Aber auch die Redaktion von "Touristik aktuell", die sich nach eigenem Bekunden "in den vergangenen Wochen und Monaten massiv" für die Lobby der Reisebüros eingesetzt haben will, bekam ihr Fett weg. Sie habe den Veranstaltern ohne Not eine Plattform geboten, obwohl diese "zu feige" seien, "ihre Namen zu nennen". "Diese Reaktion eines Reiseveranstalters eiskalt abzudrucken, zeigt mal wieder welche Lobby der stationäre Vertrieb hat...keine!", schimpft ein Reiseverkäufer. 

Auch Counter vor9 hat mit zahlreichen Touristikern über die Erreichbarkeits-Thematik gesprochen. So sagte Studiosus-Vertriebschef Guido Wiegand unlängst im Gespräch, viele Reisebüros hätten nach dem weltweiten Reiseverbot – ebenso wie sein eigener Arbeitgeber – ungeachtet der eigenen wirtschaftlichen Misere großartige Arbeit geleistet. Aber es habe auch Vertreter gegeben, die im Zuge von Kurzarbeit und überbordenden Problemen abgetaucht seien. Ebenso hätten viele Veranstalter gute Arbeit geleistet, was in der aktuellen Debatte untergehe. Pauschal von "den" Veranstaltern oder "den" Reisebüros zu sprechen, werde der komplexen Problematik nicht gerecht.

Christian Schmicke

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