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9. Dezember 2025 | 15:31 Uhr
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Wo Trinkgeld noch gilt und wo es an Akzeptanz verliert

Eine Studie der Hochschule Fresenius zum Trinkgeldverhalten zeigt: Während der Obolus im Restaurant für die meisten weiterhin zum guten Ton gehört, erodiert die Bereitschaft in manchen anderen Bereichen. Zugleich verändert die digitale Trinkgeldtaste am Kartenterminal die Beziehung zwischen Gast und Servicekraft – und erzeugt je nach Situation psychologischen Druck.

Trinkgeld Foto iStock Valeriy_G

Trinkgeld wird nicht mehr in allen Bereichen als Selbstverständlichkeit gewertet

Die soziale Norm "Trinkgeld geben" gerät in Bewegung. Eine aktuelle Untersuchung der Hochschule Fresenius, gestützt auf eine repräsentative Befragung von 750 Personen durch das Marktforschungsunternehmen Appinio, zeigt deutliche Verschiebungen. Was lange als selbstverständlich galt, etwa der Obolus für den Taxifahrer oder den Handwerker, ist für viele Deutsche offenbar keine Pflichtübung mehr.

Wo Trinkgeld noch selbstverständlich ist

Am stabilsten bleibt die Norm in der Gastronomie. Im Restaurant gehört Trinkgeld für 82 Prozent der Befragten weiterhin zum guten Ton. Auch bei Lieferdiensten ist die Bereitschaft hoch, hier sehen 66 Prozent Trinkgeld als üblich an.

In anderen Dienstleistungsbereichen bröckelt das Muster jedoch. Nur noch etwa jeder zweite Deutsche empfindet Trinkgeld im Taxi als selbstverständlich. Bei Handwerkern liegt der Anteil bei 35 Prozent, im Pflegebereich sogar nur bei 26 Prozent. Die Forscher sprechen von einer "Erosion klassischer Trinkgeld-Normen". "Was früher selbstverständlich schien, ist es heute oft nicht mehr", sagt Professor Sascha Hoffmann von der Hochschule Fresenius. Klassische Erwartungen würden spürbar zurückgehen.

Digitale Trinkgeldtaste verändert die Situation

Ein zweiter Fokus der Studie liegt auf der Digitalisierung des Bezahlens. Viele Diskussionen drehen sich um die "Trinkgeldtaste" auf Kartenlesegeräten. 43 Prozent der Kartenzahler geben an, eine solche Abfrage außerhalb von Restaurants bislang noch gar nicht wahrgenommen zu haben.

Dennoch verändert die Technik die Interaktion. "Im klassischen Bargeldverkehr bin ich frei", erklärt Mitautor Frederic Hilkenmeier. Das Terminal aber frage den Gast aktiv: "Willst du etwas geben oder nicht?" Das sei ein qualitativer Unterschied und könne psychologischen Druck erzeugen, den es bei Bargeld so nicht gegeben habe.

Die Studie differenziert nach Einsatzkontexten. Im Restaurant mit Service am Tisch wird die digitale Abfrage häufig als praktische Erinnerung verstanden. Sie hilft, Trinkgeld nicht zu vergessen und macht Beträge transparenter. In schnellen To-go-Situationen, etwa in der Bäckerei, wo der Service sich auf das Überreichen eines Brötchens beschränkt, wird die Trinkgeldtaste dagegen häufig als unangemessen erlebt. Die Autoren sprechen von einem veränderten "psychologischen Vertrag" zwischen Gast und Servicekraft. Die Norm der Freiwilligkeit bleibe formal bestehen, doch der Entscheidungsdruck wachse.

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